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Showing posts from April, 2022

Akademisches Humankapital in Europa zwischen 1200 und 1793

Kann man messen, wie viel „Wissen“ eine Gesellschaft in der Vormoderne besaß? Und wenn ja: Trägt dieses Wissen dazu bei, dass manche Regionen aufsteigen und andere zurückfallen? Genau diese Fragen untersuchen Matthew Curtis, David de la Croix, Filippo Manfredini und Mara Vitale in ihrem LIDAM Discussion Paper 2025/12 . Methodischer Ansatz Die Methode ist ebenso originell wie clever: Statt spärlicher Lohnreihen oder eingeschränkter Einschreibungslisten nutzen die Autoren bibliographische Datenbanken (VIAF) und Wikipeadia-Einträge, um die „Sichtbarkeit“ einzelner Gelehrter zu erfassen. Aus neun Variablen, z. B. Anzahl der Publikationen, Vielfalt der Verlage oder Länge des Wikipedia-Artikels, wird ein Human Capital Index (HCI) konstruiert. Mathematisch geschieht das per Principal Component Analysis, sodass aus vielen Indikatoren ein Gesamtwert entsteht. Durch eine besondere Transformation werden „Superstars“ wie Erasmus oder Newton abgefedert, damit sie den Rest nicht domi...

Wirtschaft studieren: Lohnt sich das?

Zum (Mehr-) Wert von Wirtschaftswissenschaften: Das ist genau die Frage, die mehrere Wissenschaftlicher untersucht haben. Im Artikel " Will Studying Economics Make You Rich? A Regression Discontinuity Analysis of the Returns to College Major. ” von Zachary Bleemer und Aashish Mehta in der renommierten Zeitschrift  American Economic Journal: Applied Economics , 14(2):1-22 (Paywall) gehen die Autoren der Frage, ob Menschen durch das Studium von Wirtschaftswissenschaften mehr Einkommen in ihrem Leben verdienen als sehr ähnliche Menschen, die nicht Wirtschaftswissenschaften studiert haben . Die Antwort auf die Frage ist: ja, es lohnt sich. Die Studierenden der Wirtschaftswissenschaften verdienen gleich zu Beginn ihrer Kariere 22000 $ (43%) mehr als ihre sehr ähnliche Kommilitonen, die nicht Wirtschaftswissenschaften studiert haben. Quelle: Die Abb. ist aus der Arbeit Bleemer/Mehta (2022) entnommen.   Die Autoren haben eine sehr clevere...

Ungleichheit und Einkommensdynamik in Deutschland

Eine unglaublich interessante und aufwendig durchgeführte empirische Arbeit  von Moritz Drechsel-Grau, Andreas Peichl, Johannes F. Schmieder, Kai D. Schmid, Hannes Walz, und Stefanie Wolter. Die Autor*innen kombinieren zwei Datenquellen (1. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung  und 2. Steuerzahlerpanel ) in einer cleveren Weise. Ihr Anhang D ist sehr aufschlussreich, wie Daten unterschiedlicher Quellen kombiniert werden (können). Durch die Kombination der Daten gelingt es den Autor*innen, eine gute Annäherung über die Verteilung der Jahreseinkommen in Deutschland zu zeichnen, die vorher aufgrund der Begrenztheit der Daten aus den jeweiligen Quellen (daher die Kombination) nicht möglich war. Die Autoren zeigen sehr interessante empirische Befunde.   In der nächsten Abbildung (Figure 2 aus ihrer Arbeit) ist die Verteilung der Einkommen von Männern (Abb. (A)) und Frauen (Abb. (B)) für die Jahre 2001, 2008 und 2016 (jeweils in den Preisen ...

Analyse einer Zusatzsteuer auf russische Ölimporte

In meinem Blogbeitrag habe ich den Nutzen von Wirtschaftswisenschaften dargelegt. Aus meiner Sicht ist ihr Nutzen vor allem in der Analyse der anreizbasierten Gestaltung von Marktmechanismen gegeben. Im heutigen Blogbeitrag gehe ich auf diesen Punkt näher ein und erläutere die Wirkungsanalyse am Beispiel einer Einfühung einer Zusatzsteuer für bestimmte Produkten ein. Aus dem aktuellen Anlass erläutere ich die Wirkungen am Beispiel einer Zusatzsteuer für russische Ölimprote; Ölimporte anderer Länder blieben von einer solchen Zusatzsteuer verschont. Wenn Ökonomen über Wirkungen von Steuern reden, fragen sie sich zuerst: wer zahlt die Steuern tatsächlich? Ökonomen sprechen von einer Steuerinzidenzanalyse. Auf den ersten Blick muss eine Steuer auf ein Gut dessen Preis erhöhen und Energie für westliche Verbraucher noch teurer machen. Richtig? Falsch! Eine Steuer auf ein Gut, wie z. B. russisches Öl, wirkt sich sowohl auf das Angebot als auch auf die Nachfrage aus und verändert den Preis de...

Welchen (Mehr-)Wert liefern die Wirtschaftswissenschaften?

Nach meinem Vortrag im Haus der Wissenschaften über den Umgang mit Fehlern mit Entscheidung bei der Kapitalanlage hatte ich eine anregende Diskussion mit den Teilnehmer*innen. Eine Frage hat mich allerdings unvorbereitet getroffen, über die ich im Anschluss länger nachgedacht habe. Die Frage war: „Wozu gibt es eigentlich Wirtschaftswissenschaften“? Darum geht es also heute: Was ist also der Mehrwert der Ökonomie?  Ich stelle mir die Ökonomie als eine Denkschule vor. Das Ziel der Denkschule ist es, die Wirtschaftstransaktionen zwischen den Menschen in einer Ökonomie modellhaft zu beschreiben. Warum entscheidet ein Mensch eine Schokolade zu kaufen? Wird durch die Schokolade ihr Nutzen gesteigert? Ist es wirklich nur das Geld oder sind es (auch) andere Gründe, die uns motivieren? Und was passiert, wenn sehr viele Menschen untereinander handeln und dadurch ein Markt entsteht?  Warum schreibe ich, Ökonomie sei eine Denkschule? ...