Kann man messen, wie viel „Wissen“ eine Gesellschaft in der Vormoderne besaß? Und wenn ja: Trägt dieses Wissen dazu bei, dass manche Regionen aufsteigen und andere zurückfallen? Genau diese Fragen untersuchen Matthew Curtis, David de la Croix, Filippo Manfredini und Mara Vitale in ihrem LIDAM Discussion Paper 2025/12 . Methodischer Ansatz Die Methode ist ebenso originell wie clever: Statt spärlicher Lohnreihen oder eingeschränkter Einschreibungslisten nutzen die Autoren bibliographische Datenbanken (VIAF) und Wikipeadia-Einträge, um die „Sichtbarkeit“ einzelner Gelehrter zu erfassen. Aus neun Variablen, z. B. Anzahl der Publikationen, Vielfalt der Verlage oder Länge des Wikipedia-Artikels, wird ein Human Capital Index (HCI) konstruiert. Mathematisch geschieht das per Principal Component Analysis, sodass aus vielen Indikatoren ein Gesamtwert entsteht. Durch eine besondere Transformation werden „Superstars“ wie Erasmus oder Newton abgefedert, damit sie den Rest nicht domi...
Im laufenden Semester bin ich Gastprofessor (Adjunct Professor) in Cincinnati, OH, USA . Die Stadt ist fabelhaft und meiner Meinung nach definitiv einen Besuch wert. Über die Uni hatte ich die Gelegenheit, (wieder einmal) einen Vortrag von Stephen Kotkin von der Princeton University zu besuchen. Das Generalthema des Vortrages war 'sphere of influence'. Dem Inhalt seines Vortrages stimme ich absolut zu. Neben vielen interessanten Einsichten und sehr, sehr viel Detailwissen haben mich am meisten die folgenden Punkte bewegt: Allen geht es gut, aber alle klagen. Das scheint ein weiterverbreitetes Phänomen in den entwickelten Industrienationen zu sein. Warum ist so? Kotkin diskutiert diesen Punkt lange und bietet mehrere Thesen an; u.a. schlägt er auch vor, dass es vielleicht nicht allen gut geht. Er bringt das persönliche Beispiel seines Vaters an, der ohne Uni-Ausbildung und als Arbeiter sich ein Haus leisten konnte. Nach Kotkin ist derartiges heute in den USA nicht mehr mögl...