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Gründungswochenende @HSB

  Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit am Gründungswochenende@HSB als Coach teilzunehmen. Ich bin immer noch begeistert vom Team bei FreiRAUM@HSB. Einerseits die absolut professionelle Organisation und das Matchen unterschiedlicher Charaktere sowohl bei den Studierenden als auch bei den Coaches.  Meine Aufgabe als Coach war es, bei zwei interessanten Projekten kritische Fragen zu stellen. Das erste Projekt hatte eine Lösung von Problemen im öffentlichen Nahverkehr für die Menschen mit Mobilitätsbehinderung spezialisiert. Damit waren nicht nur die Menschen gemeint, die auf einen Rollstuhl angewiesen waren, sondern auch beispielsweise ältere Personen, für die die Stufe zum Einstieg in den Bus eine Herausforderung darstellte. Es war eine technische Idee mit einem Luftkissen. Ich hatte das Gefühl, dass die (jungen) Studierenden sich sehr viel Gedanken über das Produkt gemacht haben, aber noch nicht über die Marktstruktur im öffentlichen Nahverkehr in Deutschland.  Das zweite Projekt hatte

Was lernen wir von der inversen Zinsstruktur?

Ein Schrecken geht in den Finanzmetropolen um: Die inverse Zinsstrukturkurve könnte bald kommen! Die inverse Zinsstruktur gilt gemeinhin als ein Vorbote der nachlassenden Konjunktur und der fallenden Kurse. In diesem Beitrag gehe ich empirisch der Frage nach, ob dies für Deutschland zutrifft.

Was ist die (inverse) Zinsstrukturkurve?

Mit der (risikolosen) Zinsstrukturkurve wird der Zusammenhang zwischen der Restlaufzeit von Bundesanleihen und ihrer Verzinsung beschrieben. In normalen Zeiten steigt die Verzinsung mit zunehmender Restlaufzeit. Beispielsweise ist normalerweise der Zinssatz für ein Immobiliendarlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren höher als für eins über 2 Jahre.

Eine inverse Zinsstrukturkurve beschreibt die außergewöhnlichen Zeiten, in denen der Zinssatz für zehnjährige Immobiliendarlehn geringer ist als der Zinssatz für zweijährige. Folglich würden wir weniger für ein Darlehen bezahlen, welches wir länger abbezahlen.

Wie könnte der Wirkungsmechanismus aussehen?

In normalen Zeiten verdienen die Banken mit der positiven Zinsdifferenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Krediten ihre Gewinne. Wie machen sie das? Sie verschulden sich für kurze Fristen (das sind unsere Sparbücher) und zahlen uns geringe Zinsen. Gleichzeitig vergeben die Banken langfristige Kredite zu einem höheren Zinssatz. Die positive Zinsdifferenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Krediten ist des Bankers Gewinn (und ihre volkswirtschaftliche Wertschöpfung). 

Bei einer inversen Zinsstrukturkurve ist die Zinsdifferenz negativ oder nahe Null. Daher lohnt es sich für die Banken weder auf unsere Sparbücher Zinsen zu zahlen noch langfristige Kredite zu vergeben. Die langfristigen Kredite werden jedoch nicht nur von Häuslebauern sondern und vor allem von Unternehmern gebraucht. Gerade in Deutschland ist die Finanzierung über Bankkredite nach wie vor die wichtigste Finanzierungsquelle für Unternehmen, wie ich in einem anderen Beitrag ausführte. Ohne langfristige Kredite gibt es keine unternehmerischen Investitionen, ohne Investitionen gibt es auch kein Wachstum und ohne Wachstum gibt es bekanntlich eine Rezession. Dieser hier sehr vereinfachend dargestellte Mechanismus wird von den Börsen-Akteuren häufig vorweggenommen. Diese Vorwegnahme drückt sich häufig in fallenden Kursen von Aktien aus.   

Signalisiert eine inverse Zinsstruktur tatsächlich eine Rezession? 

Den potenziellen Zusammenhang können wir relativ einfach veranschaulichen. In der Abbildung 1 sehen wir die monatliche Zinsdifferenz zwischen der Verzinsung von zehnjährigen Bundesanleihen und der Verzinsung von zweijährigen Bundesanleihen. Diese Zinsdifferenz wird typischerweise von Marktteilnehmern beobachtet. Sie kann zudem durch die Maßnahmen der Zentralbanken nicht beeinflusst werden. 


Abbildung 1

Die Abbildung 1 zeigt neben der monatlichen Zinsdifferenz (in Prozentpunkten) für den Zeitraum 1971-2018 die Zeiten der Rezession für Deutschland an. Diese Zeiten sind in der Abbildung grau hinterlegt. Die Daten für die Zinsen habe ich von der Bundesbank und für die Rezessionszeiten von der OECD (über FRED bezogen).

Die Zinsdifferenz scheint tatsächlich ein guter Indikator für die kommenden Rezessionen in Deutschland zu sein. Bis auf das Jahr 1989/90 folgt auf eine sehr niedrige Zinsdifferenz eine realwirtschaftliche Rezession. Möglicherweise gab es Sondereffekte, die durch die Wiedervereinigung ausgelöst wurden. Es gibt jedoch eine Reihe von kurzen Rezessionen, die nicht durch eine niedrige Zinsdifferenz angekündigt waren. Erwähnenswert ist das Jahr 1987, in dem eine schwere Finanzkrise und in Folge eine Rezession ohne eine niedrige Zinsdifferenz stattfand. 

Mein weiteres Aha-Erlebnis beim Anschauen der Zinsdifferenz betrifft ihre absoluten Werte im Zeitablauf. Auch in den historisch verklärten Zeiten der 1970er und 1980er-Jahre mit sehr hohen nominalen Zinsen ist die Zinsdifferenz nicht anders als in den 2010er-Jahren. Daher verstehe ich die ganze Aufregung in Deutschland um die niedrigen Zinsen nicht so richtig. Denn der Zinsgewinn wird für eine Bank nicht anders sein, wenn sie sich zu 1% verschulden kann und Kredite für 2% vergeben kann, im Vergleich zu Zeiten, in denen sie sich zu 5% verschuldet und die Kredite für 6% vergibt. Ihre Zinsmarge wird in beiden Fällen 1 Prozentpunt sein. Zusätzlich werden vermutlich mehr Kunden Kredite in Zeiten niedriger Zinsen nachfragen und die Kunden werden die 2%-Zinsen-Kredite mit höherer Wahrscheinlichkeit als die 6%-Zinsen-Kredite zurückzahlen. Der einzige Vorteil hoher Zinsen ist der Preis von Gütern: Er wird geringer sein, wenn die Zinsen hoch sind. Ich vermute, die gleichen Personen, die sich über die die niedrigen Zinsen aufregen, werden die Ersten sein, die auch gegen die hohen Zinsen sein werden, sobald genügend Häuslebauer/Unternehmen die höheren Zinsen nicht bedienen können oder keine Refinanzierung bekommen.   

Sollten die Aktieninvestoren besorgt sein? 

In einer ähnlichen Weise können wir uns der Frage annähern, ob die Zinsdifferenz sinkende Aktienrenditen signalisiert. In der Abbildung 2 werden die monatliche Zinsdifferenz und die Rezessionen, wie die Abbildung 1, sowie der gleitende Durchschnitt (MA) von DAX-Renditen für die kommenden zwei Jahre angezeigt. Der deutsche Aktienindex DAX steht hier stellvertretend für den deutschen Aktienmarkt. Der MA von DAX-Renditen im bspw. März 1993 zeigt an, dass im nachfolgenden Zweijahreszeitraum (April 1993 bis März 1995) die DAX-Rendite im Durschnitt ca. 1% monatlich sein wird. Die Daten für den DAX-Index habe ich über die Webseite der Bundesbank erhalten. 

Abbildung 2

Für mich etwas überraschend zeigt sich ein recht deutlicher, positiver Zusammenhang zwischen der Zinsdifferenz und der mittleren DAX-Rendite für die nachfolgenden zwei Jahre. Die Schwankungen der mittleren DAX-Renditen ist augenscheinlich höher als im Vergleich zur Zinsdifferenz, aber die beiden Grafiken laufen nahezu im Gleichschritt. Historisch hatten die Aktieninvestoren allen Grund zur Sorge, wenn die Zinsdifferenz nahe Nulle oder negativ wird. Es gibt zwei Ausnahmen: 1987 mit der schweren Finanzkrise, die nicht mit einer niedrigen Zinsdifferenz einherging, und die Zeit nach der Wiedervereinigung, in der die Zinsdifferenz negativ ist, aber die zukünftigen Renditen positiv geworden sind. 

Abbildung 3


In der Abbildung 3 sind wieder die monatliche Zinsdifferenz und die Rezessionszeiten dargestellt. Zusätzlich beinhaltet die Abbildung die Volatilität der monatlichen DAX-Renditen für die kommenden zwei Jahre. Von der Abbildung können wir lernen, dass die Volatilität der DAX-Renditen in den Rezessionen sehr hoch wird. Außerdem scheint es auch hier einen positiven Zusammenhang zwischen niedriger Zinsdifferenz und der nachfolgend hohen Volatilität der DAX-Renditen zu geben. Folglich ist die Volatilität auf den Aktienmärkten kleiner, wenn die Zinsdifferenz hoch ist und umgekehrt. 

Ich fühle mich jetzt ein wenig wie ein gescheiterter „Myth Buster“: Ehrlicherweise habe ich nicht erwartet, einen Zusammenhang zu finden oder zumindest keinen eindeutigen Zusammenhang. Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass die Zinsdifferenz wieder höher wird.

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